DIE ÖSTERREICHISCH-VENETISCHE POLIZEI DES FRÜHEN NEUNZEHTEN JAHRHUNDERTS.


Als Wien die venetischen Provinzen wiedereroberte, wollten es die milde Verwaltung des Zeitalters Maria Theresias wiederherstellen und daher einen gütigen Eindruck, nicht repressiven geben, aber die Impulse, die die liberal-nationalen Bewegungen mit ihrem wachsenden Wunsch nach politischer Unabhängigkeit und Unduldsamkeit gegen den bürokratischen Zentralismus der Habsburger in diesen Jahren hatten, verschärften die politischen Kontraste und brachten die reaktionären Regierungen und besonders das Haus Habsburg zu einer eiserneren Strenge den Autonomien gegenüber.

Die politischen Ereignisse dieser Jahre (nicht zu vergessen in Europa die Revolution, die im Juli 1830 Frankreich entflammte) bewegten den Kaiser, seine vorhergehende Politik des Kompromisses mit den örtlichen Identitäten zu revidieren und eine strengere Kontrolle der Peripherie anzuwenden.

Das sich Vermehren von den Bewegungen der Liberalen und der Karbonari vor allem im Reich der Zwei Sizilien mit Guglielmo Pepe, der Aufstand in Alessandria und die Verfhatung von Silvio Pellico, Piero Maroncelli und Federico Gonfalonieri verschärften die Situation in Italien und zWangen die Regierungen des Westlichen Blocks in den Tagungen von Münchengrätz und Taplitz die Heilige Allianz wieder vorzuschlagem: Das erste Feuer ereignete sich in Italien mit der Unterdrückung des revolutionären Versuchs von Ciro Menotti in den Herzogtümern und mit den darauffolgenden Aufständen in der Emilia und in der Romagna.

Der Kriegsschauplatz in Europa war wirklich nicht beruhigend für Wien, da die Franzosen mit einem Handstreichischen Regierung im schon bestehenden Prozess einer neuabsolutistischen Zentralisierung verstärkten.

Zu einer besseren Verwirklichung dieser neuen Politik brauchte die Regierung eine leistungsfähige macht, als solche erwies sich die Polizei, die das Instrument der zentralen Politik wurde.

Der politische Begriff, unter dessen Bedeutung sich verschiedene Arten des Verbrechens unterordeten und eine Vielfalt von im zweiten.

Teil des Gesetzbuches vorgesehenem allgemeinen Delikten, wie die politischen oder Kriminalübertertungen aufgezählt waren, war der Schwerpunkt dieser Arbeit, die Entwicklung der Kräfte erforscht hat, die den Polizeidienst in Venetien und die Tätigkeit der Generaldirektion und der in jeder Provinz vorhandenem Oberkommissariaten ausübten.

Abgesehen von den nötigen Quästuren und diese des Polizeivorstandes der des Departments der Polizei, die in Viminale eingesetzt ist.

Wenn aber heutzutage, nach fast zweihundert Jahren, die Geschichte der italienischen Provinzen des Habsburgischen Reiches lange noch nicht erforscht ist, so liegt noch mehr die Geschichte der politischen Istitutionen dieser Zeit und vor allem der Polizei im Nebel der Unwissenheit.

Die Tatsache, dass die Erinnerung an die österreichische Regierung im Lombardo-Veneto mit der Darstellung der polizeilichen Einmischung verbunden ist, hängt nicht nur von der Rhetorik des Risorgimento ab, sondern geht eher auf die Strukturierung des Gewaltssystems selbst zurück, das aus Wien kam.

Mehr als eine Unterdrückung des Zentrums auf die Peripherie merkte man die Leere einer politischen Macht, in deren Imnerem sich die Polizeiapparate leicht einschalteten und den Herrn spielten.

Man behauptete, also folgendes: Wer eben über alle andere Ämter der Provinzen im Lombardo-Veneto herrscht, ist die Polizei, die in der Rangordnung beiden Regierungen untergeordnet ist, aber in der Tat absoluter Herr der Personen und vor allem der Beamten und Angestellten ist.

Allem Schein zum Trotz war eben die bürokratische Verbindung zwischen Lombardo-Veneto und Osterreich sehr gering, sowohl im absteigenden als auch im ansteigenden Sinn, deswegen war auch wenn eine feste Verbindung zwischen Wienerzentrum und italianischen Peripherien existierte, diese nicht modern genug und nicht gut gegliedert.

Wegen der bürokratischen Zentralisierung waren die Initiativen ungelegen und machten die regionalen Regierungen machtlos.

Es lässt sich daher leicht verstehen, wie die meisten Leute vom Lombardo-Veneto den Begriff von österreichischer Regierung auf lokalem Niveau mit dem der Polizei identifizierten.

Das Polizeinetz wirkte bei der politischen Verwaltungs hierarchie, war von dieser unabhängig und mit viel grösserer Verfügungsgewalt versehen: das Polizeinetz war die einzige Gewalt, die die Bürger mit einen Promptheit und Sicherheit handeln sah, die einer effektive Unhabhängiggkeit vom Zentrum vermuten liess.

Die Polizei, die eine viel grössere Bewegungsfreiheit hatte, als andere bürokratische Apparate, machte den Eindruck, dass das Reich Lombardo-Veneto weder regiert noch verwaltet wurde, sondern einfach nur unterdrückt war.

Die Polizei war innerhalb der österreichischen verwaltungsmässigen Verfassung die Hauptgewalt der väterlichen überwachung des Kaisers und war anders als die anderen italienischen Polizeiapparate.

Man könnte sogar behaupten, dass sie besser war, als anders Apparate der europäischen Polizeibehörden, weil sie die gerigsten Kriterien der förmlichen Korektheit respektierte, die in anderen Gebieten, z.B. im Kirchenstast, nicht beachtet waren.

Sowohl Francesco I° als auch Ferdinand strebten obsessiv nach der Politisierung der Bürgerschaft und aus diesem Grund benutzten sie die Polizei als privilegierte Informationsquelle über die allgemeine Situation des Reiches.

Ein Kommissar war damals, innerhal der neuen Geometrie der Gewalten viel mehr geschätzt, als ein Regierungsrat (abgesehen vomGeneraldirektor der Polizei, natürlich) oder ein Provinzbeauftragter. Es ging um einen Rollenumschlag den damaligen Werten gegenüber, die typisch für die Napoleonische Zeit waren; die Polizei war nicht mehr bloss Unterstützung der Rechtsordnung, sondern sie wurde zum Häuptinstrument der Regierung und identifizierte sich tout court mit der Exekutive.

Es waren eben die oberen napoleonischen Polizeibeamten, wie Mulazzani in Venedig und Guicciardini in Mailand, die sich nicht über die Existenz, sondern über die Art der Polizeigewalt beschwerten.

Noch zu beachten ist die territoriale Herkunft der führenden Schicht: anders als im politischen Verwaltungsapparat, war in der Polizei die Anwesenheit von nicht örtlichem Personal sehr verbreiter.

Viele Kommissäre waren zweisprachigl Trentiner und einige Richter wie Paride Zaiotti e Antonio Salvotti; die mit heiklen politischen Unterschungen beauftragt waren, kamen auch aus Trient.

Die ganze pamphletistische Literatur ist übervoll von Sarkasmen über Polizeibeamte und den Trentiner Richtern und all diese stellten für die Beamten napoleonischer Herkunft das greifbare Symbol einer Gewalt dar, die ihnen überlegen war.

Wenn die Polizei auf politischer Ebene eine unterdrückende Gewalt war (aber anderersits bekam sie die Befehle vom Kaiser): Zeigte sie sich im Gebiet der Verwaltungsangelegenheiten konkret bereit, die Rechte der Kleinen Leute vor den Schikanen der örtlichen Behörden zu schützen.

Das dentliche Ziel war eben das, die Autorität der Bezirkkommissäre, der Provinzbeauftragten und auch des Satellizio zu verbrängen; weil diese Instrutionen vor allem wegen ihrer sozialen Zusammensetzung dazu neigten, die Interessen der reicheren Schichten der Bevölkerung zu schützen; im besonderen stellte die Permanenz des Satellizio eine bestimmte Kontinuität mit der Vergangenheit und-dar erlaubte die Kontrolle über das Gebiet in einer Beziehung von Gewalten in Vermittlung zwischen zentraler Regierung und örtlichen Behörden.

Die Polizei über eine Hauptrolle aus, weil sie eine bewährte informative Ermittlungsstruktur hatte und gleichzeitig eine Autonomie und eine Macht entwickelt hatte die erst mit der Bürokratisierung und der Umwandlung in Zivilgarde der Polizei aufzuhören begann.

Mit dem Reglement von 1829 vollzog sich eine tiefe Änderung der Polizei, die aus einer im Gebiet eingefügten, aber auch oft mit den örtlichen Interessen einverstandenen Struktur dank der strengeren Hirarchisierung und Bürokratisierung zum Instrument der Kontrolle der Regierung wurde..

Gerade die Politik des “ Divide et Impera“, die zum ideologischen Gerankengut der wienerischen Hierarchie gehörte, und sich in den Dreissiger Jahren des Neunzehten Jahrhunderte vollzog, und destruierte dieses für die erste österreichische Herrschaft typische Gleichgewicht zwischen örtlichen und zentralen Behörden..

Der Neoabsolutismus der Breissiger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts zeigte sich auch in der Steigerung der militärischen Polizeiwache zum Schaden der Leibwächter, die in allen Provinzen des venetischen Reiches vorhanden war und die vollständigste Militarisierung des Gebiets verwirklichte.

Es verbreitete sich dadurch in jeder Provinz eine Wache, die wegen ihrer deutlichen Abhängikeit von den militärischen Organen und ihrer Zusammnsetzung aus Eingezogenen, eine schwer unterdrückende Institution wurde, die das in der Peripherie zwischen örtlicher Gewalt und “Satellizio“ bestehende Gleichgewicht gefährdete.

Aber diese zentralisierende Politik, die sich den in den ersten Jahren der Kaiserherrschaft getroffenen Entschlüssen, also der Aufbewahrung der örtlichen Behörden engegensetzte, hatte unvorhergeseheneGründe.

Diese Haltung wurde vor allem vom Patriotismus bestimmt, also von diesem modernem Nationalgefühl, das aus der Französichen Revolution herstammte und zu einer der hervorragendsten Nationalstaat durch das Recht zur Selbatbestimmung der Nation realisieren: dieser Begriff war nict eindeutig, und setze die Entwioklung von Postulaten, wie die Volkessouveränität, die Freiheit und eine romantische Aufassung des Volkes, voraus.

Der übertriebene kult der nationalen Werte begünstigte dadurch das Entstehen des Willen zur Macht, und des Chauvinismus und bestimmte ein Uberlegenheitsgefühl unterlegen betrachteten Völkern gegenüber, das das Reich zwischen Frankreich und dem entstehenden Deutschbund unterdrückte. Die Ausrufung von Louis Phillip I° zum König der Franzosen und die darauffolgende Vorherrschaft des Bürgertums im Staat waren Faktoren, die insgesamt die Wiener Monarchis zu einer Verhärterung der Beziehungen zu der Peripherie brachten.

Der Historismus und vor allem der Idealismus entwickelten auch diesen Nationalismus, der innerhalb einer starken bürokratischen Zentralisierung die habsburgische übernationale, staatliche Struktur zu zerbrechen versuchte.

Man soll auch hinzufügen, dass sich die Politische Venetische klasse als unfähig erwiesen hatte; eine eigene Führungslinie durchzusetzen und also nicht imstande war, diese neuabsolutistische Entwicklung einzudämmen.

Schon wahrend der Versammlungen der COHC (Central-Organisierungs Hof Commission) waren die Veneter geteilt und daher konnte diese Ordnung nicht stattfinden, die der Kaiser auf einem diesem vorrevolutionären ähnlichen Niveau hätte behalten wollen.

Was zuletzt die Vorschriften betrifft war, bedeutend, dass die Gerichtsschicht den piemontesischen Codex verurteilte, als er in der Lombardei auferlegt wurde, weil sie ihn sowchl wegen der Vorschriften als auch der Strafen dem österreichischen als unterlegen betrachtete. Auf jeden Fall soll man ausserhalh des nur politischen Faktums der Debatte des Risorgimento doch immer den wirklich respektvollen Charakter der förmlichen Legalität beachten, der von der österreichischen strafrechtlichen und prozessualen Kodifizierung eingeführt wurde und die trotz ihrer Härte und Repression im allgemeinen darauf zielte, die vom Gesetz vorgeseltenen Garantien zu respektieren.

Epilog.

Im September 1843 teilte der Generaldirektor der Polizei in Venedig Cattanei, in seiner monatlichen Bericht an die Regierung folgendes mit: “wenn man die in den anderen Staaten Europas vorkommenden Aufruhre mit der Ruhe vergleicht, die man unter der österreichischen Herrschaft geniesst, hört man immer wieder das Glück dieser im Gegensatz zu den anderen Untertanen der anderen Reiche wiederholen und daher ergib sich, welche und wieviele die weisen Aussichten unseres Kabinette sind“.

Wenige Jahre später wurden seine Worte von Daniele Manin und Niccolò Tommaseo eklatant dementiert.

Sie kamen im März 1948 zur Macht, schufen die Republik von San Marco und setzten an die Spitze der Zivilgarde den Grafen Giovanni Correr.





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